NEXT HR – Die Sattelberger-Sauer-Kontroverse zu HR am Scheideweg: Nur Administration oder Transformation wagen!

Im Leben hat man in der Regel nur ganz wenige Momente des eigenen Erlebens, die historisch bzw. über den Moment hinaus relevant oder ikonisch sind, weil sie im besten Fall den Clash von Paradigmen dokumentieren. Einer dieser Erlebnisse war das Zusammentreffen zweier HR-Größen bei der 40-Jahr-Feier der Personalwirtschaft, s. hier. Noch heute danke ich dem Team der Personalwirtschaft für die Einladung und die Chance, Zeitzeuge zu sein.

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Bild 1: Zusammentreffen der HR-Größen Sattelberger und Sauer (Quelle Grabmeier)

Joachim Sauer, ausscheidender Chef des Personalerverbandes (BPM), und Thomas Sattelberger, Ex-Telekom-Vorstand, stießen dort zusammen (mit Frau Heuer von der DGFP und dem kongenialen Dreamteam der Personalwirtschaft Stickling-Scholl) und dabei ging es um nicht weniger als die Zukunft des Personalmanagements und damit aber auch um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands, so zumindest sieht es der Autor dieses Beitrags. „Administration schlägt Strategie“ titelt das Magazin des Personalerverbands im Abschiedsinterview mit Sauer, das die Konsequenz seines Denkens bis zum Schluss seiner Tätigkeit für den Verband verdeutlicht.

Zeitgemäßer wäre Administration oder Transformation, wobei das Pendel nun in Richtung Transformation umschlägt bzw. umschlagen muss. Denn Deutschland kann sich ein Personalmanagement nicht leisten, dass sich beim notwendigen Wandel in Richtung digitale Ökonomie oder Industrie 4.0 außenvorsieht. Hier muss Personalmanagement oder neudeutsch Human Relations zum aktiven Mitgestalter werden. Aber zunächst eine historische Referenz.

Das historische Vorbild – Die Sethe-Grewe-Kontroverse

Vor vielen Jahrzehnten wurde im Rahmen der Stalin-Noten zwischen den klugen Köpfen Sethe und Grewe kontrovers diskutiert, ob eine Wiedervereinigung schon damals möglich gewesen wäre oder nicht. Stalin hatte Deutschland 1952 ein Angebot einer Wiedervereinigung gemacht, um wahrscheinlich den Prozess der Westintegration zu stoppen.

Die sogenannte Sethe-Grewe-Kontroverse wurde zu einem Ereignis der Zeitgeschichte, weil sich an ihr fundamentale, fast paradigmatische historische Fragen diskutieren ließen und lassen. Hieran konnten die damaligen, sich widersprechenden Denkmodelle über Stalin, die Russen, die Chance der Wiedervereinigung etc. expliziert und evaluiert werden.

 

Die Sattelberger-Sauer-Kontroverse

So wie Sethe und Grewe stehen auch Sattelberger und Sauer für zwei Denkschulen, die fast unvereinbar im Streit um die Zukunft sind:

  • Sattelberger repräsentiert dabei ein „strategisches Personalmanagement“ oder die Kür der HR-Aufgaben und betont vor allem die Zukunft(sfähigkeit). Digitale Transformation, Industrie 4.0, … sind Themen, die ihn treiben. Hier fordert er ein Mitwirken der Personaler statt das diese nur am Seitenrand stehen (bleiben). Im Sattelberger-Paradigma werden Personaler also auch zu Transformatoren ihres Bereichs und des Unternehmens.
  • Sauer repräsentiert hingegen ein „administratives Personalmanagement“ oder die Pflicht der HR-Aufgaben, die eher im Hier und Jetzt verankert ist. Im Abschiedsinterview sieht er einen strategischen Anspruch als unrealistisch an, wenn er formuliert: „Es ist eine Wunschtraum-Diskussion im HR-Bereich und wer glaubt, er bewege sich auf Augenhöhe mit dem CEO, ist ein Traumtänzer. Die meisten Unternehmenslenker wollen auch gar keinen Personaler als Strategen“

Welche Perspektive ist denn nun die Richtige? Die Antwort ist natürlich eindeutig zweideutig: Beide Perspektiven sind richtig bzw. potenziell auch unrichtig. Richtig sind beide, weil man Pflicht und Kür braucht. Unrichtig wären beide Perspektiven, falls sie ein „Entweder-Oder“ konstruieren würden. HR muss die Pflicht organisieren (u.U. durch Outsourcen, Automatisieren, …), um für die Kür frei zu sein. Trotzdem ist für die Zukunft des Personalmanagements bzw. die Zukunft Deutschlands eine Selbstbeschränkung kritischer („Administration schlägt Strategie“).

Konsequenzen für HR im Sauer-Paradigma

Denn was sind die Konsequenzen für ein Personalmanagement, das seine Stärke im Administrativen sieht? Es kommt zu im Worst Case zu einem negativen HR-Teufelskreis, wie ich ihn von Dr. Schmid von Kienbaum lernen durfte:

  1. HR hat wenig Bedeutung im Unternehmen
  2. HR kann keine Top-Kandidaten rekrutieren
  3. HR kann keine Top-Verantwortung im Unternehmen übernehmen
  4. Gehe weiter bei 1, ziehe keine Extra-Euros ein!

 

Konsequenzen für Deutschland im Sauer-Paradigma

Der Autor dieses Beitrags hat in einem sehr langatmigen vorherigen Beitrag aber auch auf die Konsequenzen hingewiesen, die ein nicht zeitgemäßes HR-Paradigma für Deutschland haben kann: Deutschland steht nicht erst seit Industrie 4.0 und Digitalisierung unter enormen Transformationsdruck. Die Basis für einen Wandel sind aber Menschen, die für diesen Wandel befähigt und beim Wandel unterstützt werden. Der Schmid-sche Teufelkreis lässt sich also auch auf Deutschland übertragen:

  1. HR unterstützt die Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter und Strukturen unzureichend
  2. Die innovations- und kollaborationsorientierte Ausrichtung von New Work und des Unternehmens gelingt nicht wie gewünscht
  3. Unzureichende Arbeitswelten, … sind ungeeignet für Transformation und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und -Strukturen
  4. Gehe weiter bei 1, ziehe keine Extra-Euros ein!

Die Kienbaum-Botschaft: HR als Transformations-Partner

Natürlich lassen sich beide Zyklen auch umgekehrt denken. Und das ist meine Hoffnung. Das Personalmanagement und Deutschland schaffen die Wende in Richtung Zukunftsfähigkeit. Dass Kienbaum nun auf HR als Transformtions-Partner setzt, lässt mich hoffnungsvoll sein! Noch hoffnungsvoller macht es mich, dass mit Stephan Grabmeier (ehemaliger Mitarbeiter von Thomas Sattelberger), Ralf Gräßler, Heiko Fischer, Hendrik Kellermeyer, … immer mehr unterwegs sind, die das Zukunfts-Paradigma leben und umsetzen.

Dank an Personalwirtschaft, Erwin Stickling und Jürgen SchollFür die historisch einmalige Chance dabei gewesen zu sein, danke ich Erwin Stickling und Jürgen Scholl.

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7 Gedanken zu “NEXT HR – Die Sattelberger-Sauer-Kontroverse zu HR am Scheideweg: Nur Administration oder Transformation wagen!

  1. Spannend – und doch ein altes Thema.
    In der Wahrnehmung der meisten CEO’s und GF’s hatte HR wohl noch nie eine echte Rolle. Menschenverwalter waren und sind sie, die lieben Kollegen – und viele, wenngleich ambitioniert gestartet, haben sich in dieser Rolle eingefunden.

    Doch was braucht der CEO und GF wenn er verstanden hat, dass auch für ihn nur eine Weg (den in den Niedergang des Unternehmens) an der digi-sozialen Transformation vorbeigeht? Die Themen am Ende des Tunnels sind „Flexibilität“ und „Vernetzung“ – jedenfalls ist dies die überwiegend gleichförmige Einschätzung derer, die es wagen weiter als 24h in die Zukunft zu blicken.

    Aus Sicht des Unternehmens muss diese neue Flexibilität in Bezug auf die Arbeitsbeziehungen, genauso wie die Vernetzung, von irgendjemandem mit ausreichend Know How und Empathie „verwaltet“ werden. Die Beziehungen zu all den neuen „temp.Supportern“, den „Freelancern“ und Digitalnomaden wollen wohlwollend gepflegt sein, sollen diese soch „wenns brennt“ das Unternehmen immer wieder nach vorne bringen. Und auch die Zielsetzungen müssen mit diesen (und weiteren) externen Stakeholdern gemeinsam entwickelt und an den Markt und die MitWirkenden angepasst werden. Sonst besteht die Gefahr, dass diese ihr (Kreativ-)Potenzial gerade dann beim Wettbewerber einbringen – weil’s dort einfach spannender ist diessen neue Vision umzusetzen – , wenn man selbst es absolut dringend braucht.
    Gleichzeitig will der Kompetenzpool des Unternehmens weiter ausgebaut werden. Doch Wissens-, Kompetenz- und Kreativmanagement in Form von Vernetzungskompetenz steht bislang nur bei ganz wenigen auf der Agenda.

    Gelingt es den Menschenverwaltern neue „Human Relations“ aufzubauen um den MitWirkenden HumanRaum zu geben, gewinnt die gute alten HR-Verwaltungsabteilung an echter und entscheidender Relevanz. Wenn nicht… es geht immer und irgendwie auch ohne. Wie? Wir werden sehen. Irgendein Start-Up schafft es sicherlich, sich in dieser Nische zu positionieren.

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  2. Schauen wir doch mal nicht aus HR Sicht auf die Dinge, sondern aus der Sicht von Aussen.

    Ich bin ja Fan von der Audi und TESLA Analogie. Da redet eine Fraktion vom Vorsprung durch Technik, der Bedeutung des Autos im Generellen, der zunehmenden Effizienz der Verbrennungsmotoren und sogar unglaublich fortschrittlichen Hybriden Technologien, während eine andere Firma einfach komplett das Paradigma verändert und eine Infrastruktur für 100% ökologisch elektrische Mobilität schafft. Und siehe da, der Kunde spricht eine klare Sprache. Der TESLA verkauft sich prompt im Prestige-trächtigen und Traditions-bewussten Luxussegment besser als Audi. Besser als BMW. Besser als Mercedes.

    Und trotzdem gleicht die Diskussion um die neue Arbeitswelt ein bisschen der Klimawandel Debate. Kommt er nun der Klimawandel? Oder doch nicht? Muss man da was machen? Können wir überhaupt? Am Ende artet es in Debatten aus und wenn überhaupt, nur sehr langsamen strukturellen Wandel in den grossen Volkswirtschaften.

    Auf die Wirtschaftswelt umgelegt haben es Vorreiterunternehmen ja bewiesen, dass man Mitarbeiter im demokratischen Rahmen durchaus zum gegenseitigen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und menschlichen Vorteil zu mündige Mitunternehmer entwickeln kann. Die Kultur die mich als erwachsenen Unternehmer behandelt ist in sich der ultimative Ausdruck der Wertschöpfung und bedarf keiner Recogintion oder Retention Gimmicks. Das der Kunde (die Top Talente) diese freiheitlichen Kulturen vorziehen.

    Sagen wir es mal kapitalistisch härter und weniger humanistisch: Die Kunden vernetzen sich ohnehin und nur die Unternehmen die dies in der selben oder besseren Qualität tun werden langfristig relevant bleiben. Auch die Talente durchdringen immer mehr die tatsächliche Zustände der Untenehmen und sind nicht auf “Versprechnungen” im Personalmarketing angewiesen.

    Der grosse Nachteil dieser Kulturen? Ausser man beginnt als Startup mit dieser Philosophie und von ihr abgeleiteten Prozessen und Strukutren, bedarf es einer echten, langwierigen und langfristigen Transformation der kulturellen DNA, die nicht umbedingt auf eine Logik von Quartals-KPIs einzahlt. Der Vorteil? Echte Nachhaltigkeit in Sachen unternehmerischer Anpassungsfähigkeit, Innovation und langfristigem organischem Wachstum.

    Gehen wir also von einer solchen anpassungsfähigen „SEMCO-esquen“ Kultur des Mitunternehmertums als realistische Möglichkeit aus und einem Willen diesen Klimawandel der Arbeit Ernsthaft und ohne Alternative zu adressieren, dann bleibt die Frage wer diese langfristige Transformation initiiert und von innen heraus befähigt. Die Antwort kann nur sein: Die Geschäftsleitung und die Manager. Sie setzen mit ihrem Verhalten die akzeptierten Normen.

    Die HR scheint in einer guten Position. Zwar könnte die Finanz über den Beyond Budgeting Ansatz sehr viel verändern doch würden dies bedeuten den Iron Man vor den Waldlauf zu setzen. Die IT kann mit neuen Tools für eine demokratischere Transparenz, eine Informations-Augenhöhe sorgen, doch obliegt die Anwendung oder Einschränkung dieser Werkzeuge wieder anderen. Die HR verantwortet oft mit die weichen Themen und könnte somit Führungsverhalten und Strukturen maßgeblich mitgestalten. Woran hapert es dann? Woran lag es, dass Thomas Sattelberger nicht diese Zustände bei der Telekom herbeiführte? Leider heisst verstehen und wollen heisst noch nicht können. Um tatsächlich auf Augenhöhe mit dem Business zu sprechen und schmerzhafte Veränderungen die noch mehr Aufwand bedeuten durchzusetzen muss die HR selbst Experte sein. Und zwar nicht theoretischer Experte, sondern praktischer. Man muss selbst die Transformation hin zu einer vernetzen, demokratischen Struktur von Mitunternehmern vollzogen oder zumindest in Angriff genommen haben. Mann muss sich absolut mit der Wertschöpfungslogik vertraut gemacht haben und bei der Geschäftsleitung Klarheit über die Sinnhaftigkeit des Business Models eingefordert haben. Dies ist genau wie die Sauer’ische Administration Hygiene Faktoren als Basis der Maslow’schen new work Pyramide. Beides muss getan werden müssen – und zwar gut – dies steht ausser Frage, doch die Erledigung beider Punkte interessiert nur wenn sie schief laufen. Der Mehrwert entsteht in der Veränderung um das Geschäftsmodell konsequent umzusetzen und die Administration simple zu exekutieren.

    Bill Price, der VP Customer Service von Amazon sagte der beste Kundendienst ist kein Kundendienst. Oder besser gesagt: kein Bedarf an Kundendienst. Kein Kunde steht morgens auf und will die Hotline von Zalando anrufen weil die falschen Schuhe kamen, man will die richtigen Schuhe. Genau mit dieser Mentalität ging SEMCO bei HR vor. Die beste HR ist keine zu brauchen. Die besten Manager sind die, die das Team nicht braucht. Doch um aus einer Position der Stärke (Sattelberger) dorthin zu gelangen anstatt aus einer Position der Redundanz (Sauer), bedarf es des konsequenten Vorlebens dieser neuen Ansätze innerhalb der HR. Durch das Vorleben entstehen Lösungen und Angebote die der Kunde glaubhaft abnimmt, denn er kauft Vertrauen in den gelebten Prozess, den Weg, nicht das Ziel.

    Daher gilt für die HR das, was sich Audi über TESLA denken sollte: Love it. Change. Or leave.

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  3. Ich frag mich ja immer, was Audi, BMW und Tesla machen, wenn Apple und Google beginnen die Ansteuerung der Autoelektronik in ihre Software zu integrieren und dann beginnen, Autos (also die Hardware) als Zusatzfeature ihrer Angebote zu verkaufen. Das iCar ist vielleicht gar nicht mehr so weit weg. Aber diese Art der konsequenten Plattform- Zerlege-Denke ist ja noch weit weg.. oder sind wir da mit dem Ansatz von SEMCO und RH schon mitten drin?

    Eine andere Frage ging mir beim lesen von Heikos Kommentar durch den Kopf: Ist denen (= GF, FKs und HR) eigentlich überhaupt klar, wo der Schuh in Ihrem Unternehmen drückt? Wissen „die“ überhaupt wo der Hase im Pfeffer liegt – wie ihr Laden läuft und wo die Stellschrauben sind, um Transformation sinnvoll und zielgerichtet zu starten? Führen weit verbreitete „Friede Freude Eierkuchen“ Innensichten und Kopf in den Sand Mentalitäten nicht dazu, dass Unternehmen und ganz Industrien gar nicht mehr merken wie gefährdet sie sind?
    Ich wäre ein schlechter Organisationsanalyst wenn ich hier die unglaublich besch… Antwort nicht schon kennen würde. Statt sich der Realität in Form von zielgerichteten und tiefgehenden Standortbestimmungen zu stellen, lavieren wir in Diskussionen herum, die am Ende das Ende nur noch schneller auf uns zukommen lassen. Das Licht, das manche am Ende des Tunnels sehen rührt deutlich mehr vom entgegenkommenden Superzug her (der alles Platt macht), als vom Ende der „durch den Berg Abkürzung“. Ach wären wir doch in der Bimmelbahn geblieben, dann bliebe uns vor dem Absturz wenigstens noch der Blick auf das Panorama der Passhöhe.
    Es ist langsam an der Zeit zu verstehen, dass die, die derzeit entscheidungsbefugt sind, sich auch wieder als entscheidungsbefähigt wahrnehmen und gemeinsam starten sich, die Welt und die Entwicklungen zu verstehen.

    Hinzu kommt ein weiteres schwerwiegendes Problem: Wir wissen im Grunde gar nicht wovon wir bei „Digitalisierung“, „Zukunft der Arbeit“, „Industrie/Arbeiten/Bildung 4.0“ sprechen. Die zugrundeliegenden Definitionen sind weit weg davon eindeutig zu sein. Mir kommt es vor als hätten wir ein „Ein Begriff, 10 Diskutanten, 20 Auffassungen“ Syndrom.

    Um ins Handeln zu kommen brauchen wir wohl gerade ein paar parallele Aktivitäten:
    Erstens sollten die Menschen in Unternehmen, die ihr Geld deshalb bekommen, weil sie die Zukunft des Unternehmens beeinflussen und darüber entscheiden sollen, darüber klar werde, wie die Gegenwart aussieht – und dies nicht nur in Zahlen auf dem Papier.
    Wie ist die Stimmung? Wie ist das Stresslevel? Wer kennt die Vision, die Strategie und wichtiger, wer handelt danach? Wie läuft die Kommunikation intern und extern – mit den Mitarbeitern und den Kunden und den übrigen Stakeholdern? Ganz ehrlich? Welcher Entscheider weiss das? Aus meiner Praxis kann ich sagen: sehr, sehr wenige! Die meisten sind überrascht, wenn sie eine ungeschönte (Innen-)Sicht erhalten.
    Zweitens müssen wir die Diskussion um die Begriff führen, damit wir ein gemeinsames Verständnis erlangen wovon wir reden – um dann auch Konzepte und Maßnahmen zu identifizieren die dazu passen. Noch benutzen zu viele die gleichen Worte, meinen jedoch etwas ganz anderes – und manchmal heute auch noch etwas anderes als gestern.
    Und drittens müssen wir uns darüber klarer werden, wie „die Zukunft“ im konkreten Fall des einzelnen Unternehmens oder von mir aus auch einzelner Branchen (höchstwahrscheinlich) tatsächlich aussieht. Welche Rollen brauchen wir denn noch? Welche Skills erfordern diese? Und wie schaffen wir (aus der Unternehmenssicht) es, diese Skills auch „greifbar“ zu haben. Wenn Vernetzung und Flexibilität zwei Kernthemen der Zukunft sind – und alles spricht dafür – sollten man gestern schon mit der Vernetzung begonnen haben um morgen eine „flexible Workforce“ da draussen zu haben, die dann auch noch gerne (weil von der Vision überzeugt) ins Unternehmen kommen um für bezahlbares Geld (von dem es sich als „Freelancer“ dennoch leben lässt) die Probleme gemeinsam zu meistern.

    Arbeit, und damit das Leben, wie wir es kennen verändert sich: Jetzt, hier und weiterhin. Der Zug ist so lang, dass wir jederzeit aufspringen können. Doch wie bislang in der Entwicklung der Welt: Die erste Klasse ist vorne und wer hinten sitzt, kriegt die Abgase und den Müll der anderen ab und wird ausgebeutet, damit es denen vorne gut geht.
    Ich wünsche mir, dass wir es doch noch schaffen möglichst weit vorne zu sitzen. Nur: Die besten Plätze sind fürchte ich erstmal weg.

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  4. Mal wieder sehr spannende Diskussion – aber diskutieren hier nicht „die Falschen“. Warum führen immer nur Personaler die Diskussion um die Zukunft von HR. Oder täuscht das? Interessieren sich überhaupt die CEOs, CFOs, CIOs und alle anderen CxOs für die Personaler? Und wenn nicht, warum eigentlich? HR hat leider Stand heute in den meisten Unternehmen eine hauptsächlich administrative Aufgabe, leider selten eine strategische und noch viel seltener eine normative. Sitzen denn die Personaler am Tisch, wenn es um die echten Transformationsthemen geht? Viel zu selten wohl!

    Aber woran liegt das? Sind es die bösen CxOs, die die Personaler nicht mitspielen lassen? Ist es ein bisschen wie beim Straßenkick bei der Mannschaftswahl: Wer als letztes noch dasteht, hat doch echt die A…karte gezogen! Aber es waren halt auch immer die mit den zwei linken Beinen, die am Ende übrig blieben. Sind also die Personaler nicht ein bisschen selber schuld? Ale Berater begegnen einem sehr oft Personaler, die sehr viel Expertenwissen im Bereich Personal (Arbeitspsychologie,Organisationspsychologie, Didaktik/Pädagogik,…) haben, aber leider zu wenig anschlussfähig sind. Und dann auch noch ihr Wissen auf dem silbernen Tablett vor sich hertragen, wenig pragmatisch sind und am Ende dann doch nicht die Entscheidung treffen. Vor Kurzem ging es in einem Unternehmen mit ca. 4.000 Mitarbeitern um einen eintägigen Konzeptions-Workshop und die Personalleiterin konnte die Entscheidung nicht selbst treffen, sondern musste sich die Genehmigung des CEO einholen. Da stimmt doch etwas nicht!

    Ein weiteres Problem in der Diskussion sehe ich im Moment darin, dass die „alte Sicht“ nicht mit der „neuen Sicht“ sprechen kann. Also sprechen schon und auch wunderbar diskutieren, aber irgendwie kommt man nicht weiter. New Work setzt neue Paradigmen voraus, die sich in der „alten“ Managementsprache gar nicht ausdrücken lassen. Ein bisschen wie bei Platons Höhlengleichnis: Die „Gefangenen“ nehmen die Wirklichkeit draußen nur als Schatten wahr, die Schatten sind aber die einzige Realität, die sie kennen. Die alte Management-Denke im Homo-oeconomicus Universum versucht daher nur auf die Schatten zu sehen und die Realität zu ignorieren oder höchstens ein paar kleine Anpassungen in ihrem Weltbild zu machen.

    Die Frage ist für mich am Ende also, ob das, was man vielleicht am besten mit „New Work“ subsumieren könnte in kleinen, evolutionären Schritten eingeführt werden kann oder ob wir hier eine Big-Bang-Transformation brauchen. Von daher finde ich den Sattelberger’schen Ansatz überzeugender. Solange die Administratoren in den Organisationen die Oberhand behalten, werden wir keine echte Transformation erleben. Oder die Transformationswilligen (und da gibt es unter den HRlern auch eine ganze Menge) verlassen weiter in Scharen die Administrations-aristokratischen Organisationsgeschwüre, wo HR eben keine echte Rolle spielt und wohl auch nie spielen wird! Bleibt nur zu hoffen, dass die wenigen Übriggebliebenen das noch rechtzeitig genug merken…

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    • Diskutieren hier, bzw. wir hier über die Falschen? HR scheint ja die A…Karte akzeptiert zu haben. Wobei es am Ende doch darum geht, wie das Business nach vorne kommt. Und hier war HR – so wie ich es erlebt habe – halt immer nur Handlanger und hatte keine (eigene) Meinung.

      Ich frage mich auch, wie die Entwicklung weiter geht – in kleinen Schritten, oder per Sieben-Meilen Stiefel. Und: Wer wird sie anführen?

      Ich glaube die Unternehmenswelt wird sich teilen. Wir werden eine Evolution sehen, bei den Unternehmen, die verstanden haben, dass die Veränderung kommt – und die sie proaktiv für sich nutzen wollen. Allerdings wird diese Evolution in der Geschwindigkeit einer Revolution erfolgen. Moores Law gilt auch hier. War Evolution in Bezug auf Unternehmen früher etwas gemächliches (Industriealisierung, „Wirtschaftswunder“, Lean…) so sind heute die Zyklen viel kürzer. Deutlich wird das, wenn man die Verweildauer von Unternehmen in den großen Aktienindices betrachtet.
      Eine andere Frage ist die nach dem Treiber der Veränderung. Ganz früher war es das wirtschaftliche Wohlbefinden der Unternehmens und damit seines Umfeldes (wobei der Blick sicherlich auch etwas verklärt ist), dann ging es seit den 60’ern/70’ern zunehmend um den Investor, dann vor allem auch um den persönlichen Profit des Top-Management. Dann kamen Unternehmen wie facebook, Twitter, Airbnb, uber bei dem der persönliche Profit der Gründer in ganz neuem Umfang an die (Anzahl der) Nutzer gekoppelt ist. Der Nebeneffekt ist eine neue Wahrnehmung der eigenen Möglichkeiten und damit auch ein (bislang teilweises) Aufbegehren gegen die alten – auf wenige Profiteure – beschränkten Strukturen. Gleichzeitig fehlt diesen Neuen noch das, wovon die alten noch zehren, der (Tief in uns Menschen verwurzelte) Wunsch nach Verbundenheit zu dem, „mit dem wir da was machen“.
      Im nächsten Schritt könnte es darum gehen den einzelnen / das Umfeld wieder stärker am Profit bzw,. am Wohlergehen zu beteiligen. Die „alten“ Neuen machen das ja schon sehr erfolgreich vor. W.L.Gore zum Beispiel, oder auch einige die in der ARTE Doku (Mein wunderbarer Arbeitsplatz) zu sehen sind.

      Soll heißen: Die jetzt schnell ihre Speed-Evolution starten haben gute Chancen auch in Zukunft im Markt / von den Kunden akzeptiert zu werden und „Verbundenheit“ aufzubauen. Die, die noch warten um den Profit zu maximieren (darunter gerade auch die ganz Großen) werden von der Revolution gefressen. (Wobei das die jetzigen Vorstände wenig interessiert – deren Schäfchen sind im Trockenen also „who cares?“)
      Mein Bild wenn ich mich heute für 5 Jahre schlafen lege: (Hier mal ein paar plakative Beispiele)
      Die Telekom macht noch Breitbandanschlüsse (mit 5.000 MA im Feld und 300 in der Verwaltung – „Produkte“ Fehlanzeige ) und stellt damit die Infrastruktur fürs Internet (aber auch nur, weil sie noch die „Kabelhoheit“ besitzen. Wenn Fläche sich leicht mit Funkverbindungen abdecken lässt ist das nochmal ganz anders.)
      Die Automobilhersteller im Land bauen nur noch Hardwarekomponenten für die neuen Smart-Cars. Die ordert man per Internet (oder besitzt tatsächlich noch eines… ), steckt dann sein Smartphone rein, bzw. man wird am Chip erkannt, das Fahrzeug konfiguriert sich schnell auf die persönlichen Vorlieben und dann geht’s los. Im Fahrzeug installierte Elektronik ist überflüssig – nur die Schnittstellen werden genutzt. Die Hardware ist austauschbar.
      Das wird viele Branchen treffen…
      Die vielen kleinen und Mittelständler, die die Entwicklung abwarten wollten, um zu schauen wie es sie betrifft… rennen nur noch hinterher.
      Und viele KMU sind in den „Nischen der Großen“ neu entstanden, bzw. die alten sind die Evo-Schritte gegangen die „Geschäftserfolg durch menscheln“ bewirken.

      soviel am sonntagmorgen…..

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